Teamwork mit dem Roboter

Noch sind sie eine Rarität und werden bestaunt. Aber Roboter in der Gastronomie, die beim Servieren, Aufräumen und Kochen unterstützen, sind im Kommen. Sie nehmen den menschlichen Kollegen einiges an Arbeit ab und schenken ihnen so Zeit für die Gäste

DaVinci Kitchen, Gourmet Cube

Worum geht´s?

  • Vom Personalengpass zum Roboter
  • So unterstützen Roboter in der Gastronomie
  • Roboter in der HoReCa-Branche im Einsatz

Langsam schnurrt Ella durch den Gang zwischen den Tischen. Sie trägt eine Cola, ein Wasser, ein Pils und eine Apfelschorle, dazu einen Flammkuchen mit Peperoni, Zwiebeln und Schafskäse. Ella steuert Tisch 202 an. Sie stoppt und sagt freundlich: „Bitte nehmen Sie ihre Bestellung.“ Die Getränke sind schnell verteilt, der Flammkuchen in der Mitte des Tisches platziert. Bevor die hungrigen Gäste zugreifen, ein letzter Blick auf die wartende Ella. Ein Fingertipp auf ihr Display und der Servier-Roboter setzt zurück und gleitet wieder in Richtung Theke.

Kollege Roboter in der Gastronomie

Roboter als Mitarbeiter in der Gastronomie sind längst keine Zukunftsmusik mehr, wenn auch die digitalen Arbeitskräfte durchaus noch Seltenheitswert haben. Auch Christian Pudlo, Geschäftsführer von Marianne's Flammkuchen, hatte zunächst keinen Servier-Roboter im Sinn, als er nach neuen Mitarbeitern suchte. „Nach dem zweiten Lockdown hatten wir große Probleme, neues Personal zu finden. Wir haben Anzeigen geschaltet, Flyer verteilt und sogar eine Prämie ausgelobt, aber ohne Ergebnis. So konnten wir über Monate in Herxheim nur einen unserer beiden Gasträume betreiben.“

Auf den Roboter gekommen: vom Staubsauger zur Servicekraft

Drei Filialen in Herxheim, Karlsruhe und Linkenheim betreiben Christian und seine Mutter Marianne, die das Unternehmen vor fast 13 Jahren gegründet hat. Zusätzlich verschicken sie vakuumierte Flammkuchen im Sechserpack alle 14 Tage zu ihren Kunden nach Hause. Bei einem Personalengpass brachte der heimische Staubsaugerroboter Christian auf die Idee, nach einem digitalen Helfer zu suchen. Einige Stunden Internetrecherche und diverse Telefonate später stand fest: Ein sogenannter PuduBot, für rund 12.000 € zu haben, wird künftig als Service-Roboter im Restaurant in Herxheim helfen. 125 Gäste finden in den beiden Gasträumen Platz, die ein 15 Meter langer Flur verbindet. „Das Lokal in Herxheim ist wie geschaffen für einen Servierroboter: lange Wege von der Theke bis zum hinteren Gastraum, aber keine Treppen.“

Vier Wochen später zog Ella ein, zunächst für einen einwöchigen Testlauf. Zur Orientierung mussten lediglich Reflektoren an die Decke geklebt werden. So weiß Ella, welcher Tisch wo steht. Mit Kameras vorne und an den Seiten erkennt der Servier-Roboter Hindernisse und umfährt sie. Innerhalb von drei Stunden war sie angelernt und bereit für die erste Schicht, danach waren nur noch kleinere Feinjustierungen notwendig. „Meine Mitarbeiterinnen waren erst kritisch, ob sie ihnen wirklich eine Hilfe sein würde. Aber diese Bedenken hat Ella schnell ausgeräumt.“

Servier-Roboter Ella glänzt bei Getränkebestellung

Ella ist einfach zu bedienen – per Display am Roboter selbst oder per Smartphone – und saust schwer beladen zwischen Theke und Gasträumen hin und her. Vor allem bei den Getränkebestellungen kann sie glänzen. Die Aufgaben sind klar verteilt: Bei der Begrüßung der Gäste am Tisch fragt das Team, ob sie von Ella bedient werden möchten. Falls nicht, bringt der Servier-Roboter die Getränke nur zum Tisch, dann übernimmt eine menschliche Kollegin. Viele möchten jedoch ausdrücklich von Ella bedient werden, denn der Roboter ist der Gastronomie ist eine Attraktion: „Neue Gäste fragen häufig schon bei der Reservierung, ob sie von Ella bewirtet werden können und ob das extra kostet“, sagt der der Gastronom und lacht.

PuduBot Ella serviert Essen in Marianne’s Flammkuchen
PuduBot Ella serviert Essen in Marianne’s Flammkuchen

Ella hilft auch beim Aufräumen

Ell bringt als Servier-Roboter im Restaurant nicht nur Getränke und Flammkuchen, sie hilft auch beim Aufräumen. Auf Kommando folgt sie einer Servicekraft (genauer gesagt deren Smartphone) und lässt sich mit leerem Geschirr, Besteck und Gläsern beladen. Bis zu 40 Kilo kann Ella auf 4 Tabletts zurück in die Küche schleppen, und das in einem Tempo von 0,5 Metern pro Sekunde. Sicherheit geht aber vor: „Ella kann auch schneller fahren, aber wenn sie unerwartet ausweichen muss, können hohe Gläser kippen.“ Nach jeder Fahrt kehrt der Servier-Roboter zur Warteposition an der Theke zurück. An der Steckdose übernachten muss er an jedem zweiten Tag, so lange hält der Akku. Roboter in der Gastronomie werden bald zur Normalität gehören, davon ist Christian Pudlo überzeugt. „Für Serviceroboter wie Ella sehe ich vor allem in großen Hotels riesiges Potenzial, wenn sie auf Wunsch ein frisches Saunatuch oder einen Snack aus dem Bistro bringen.“ Aber ein Feature von Ella hätte der Gastronom nicht erwartet: „Wir haben eine neue Mitarbeiterin gefunden. Sie hat über Ella in der Zeitung gelesen und sich daraufhin bei uns beworben.“

Roboter in der Gastronomie im Einsatz

Roboter in der Gastronomie, so wie Ella, gibt es bereits seit einigen Jahren. Weltweit surren Service-Roboter durch Restaurants und unterstützen ihre menschlichen Kollegen. Oder ersetzen sie im Extremfall gleich ganz, wie im chinesischen Foodom Tianjiang Food Kingdom. Hier kochen seit 2020 40 Roboter für maximal 600 Gäste.

Wie viele Roboter inzwischen weltweit oder auch nur in Deutschland in der HoReCa-Branche im Einsatz sind, dazu gibt es keine belastbaren Zahlen. Doch zumindest derzeit bleiben sie eine Kuriosität. Denn Roboter können zwar schnell und in stets gleichbleibender Qualität arbeiten. Aber ganz spezielle Extrawünsche? Nachfragen? Ein persönliches Gespräch? Fehlanzeige. Die heutigen Modelle werden zudem noch durch räumliche Gegebenheiten wie Treppenstufen in ihrem Einsatz beschränkt. Allerdings haben die Coronapandemie und der damit einhergehende Fachkräftemangel den Bedarf erhöht, sei es als Unterstützung im Service oder als Desinfektionsroboter in Hotels.

Der Faktor Mensch bleibt entscheidend

Das Gastgewerbe steckt bereits voll im digitalen Wandel: Die Bestellung per Tablet aufnehmen, zum Einchecken den QR-Code auf dem Tisch scannen, kontaktlos bezahlen. Während das alles inzwischen Teil der neuen Normalität ist, sorgen Roboter in der Gastronomie noch für einen Wow-Effekt. Ob das Erstaunliche zum gewohnten Anblick wird und Roboter künftig den Gastraum dominieren, oder ob sie eher in der Küche lästige Routineaufgaben übernehmen wie Spülen, Schnippeln und Aufwischen? Zumindest eines wird sich so bald nicht ändern, darin sind sich alle einig: Für den Gast bleibt beim klassischen Restaurantbesuch der Faktor Mensch entscheidend. Andererseits: Wer hätte vor 20 Jahren gedacht, dass wir alle einmal mit einem kleinen Hochleistungscomputer in der Hosentasche unterwegs sein würden?

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