„Wir müssen noch viel mehr als früher unser Geschäft erklären“

Die Ergebnisse der Europawahl liegen vor, die Themen der nächsten fünf Jahre werden verhandelt. Im Gespräch mit Maria Heider, Director Public Policy Europe bei METRO, über die Bedeutung der Wahl für den Handel, METROs Kundenauftrag und was sie sich vom EU-Parlament wünscht.

Die Ergebnisse der Europawahl liegen vor, die Themen der nächsten fünf Jahre werden verhandelt.

Maria, vom 23. bis 26. Mai 2019 fand die neunte Direktwahl zum Europäischen Parlament statt. Was bedeutet die Europawahl für METRO?

METRO ist in 15 EU-Ländern aktiv und betreut mit rund 80.000 Beschäftigten 9 Millionen Kunden aus dem Gastgewerbe. Wir erwirtschaften mehr als zwei Drittel unseres Umsatzes in der EU. Allein diese Zahlen zeigen, welche Bedeutung die Europäische Union und damit die Politik der Institutionen für METRO hat. Und nicht nur für uns: Der gesamte Handel und 400 Millionen Verbraucher profitieren vom größten Binnenmarkt der Welt, einem demokratischen Rechtsrahmen und geordneten Verfahren.

Das klingt danach, dass nach der Wahl alles seine geordneten, einträchtigen Bahnen geht?

Keineswegs. Es ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Ganz gewiss nicht. Es ist aus Sicht der METRO derzeit überaus wichtig, dass alle rationalen, politischen wie ökonomischen Kräfte für einen freien Handel und freie Märkte weltweit eintreten. Gerade in den letzten Jahren erleben wir einen nationalistischen und protektionistischen Roll-back in einigen Ländern der EU und weltweit, die uns das Leben als EU-Unternehmen echt schwer machen. Und es gibt viele Vorurteile gegen Unternehmen per se, Konzerne sowieso. Wir stellen fest: wir müssen noch viel mehr als früher unser Geschäft erklären. Was ist eine Lieferkette? Was tun wir für den Schutz der Verbraucher vor gefälschten und gepantschten Lebensmitteln? Wie kommen wir weg von zu viel Plastik, zu viel Lebensmittelverschwendung? Wie erreichen wir faire Preise für die Landwirtschaft? Da gibt es viel zu tun für uns als Corporate Public Policy. Es liegt an uns, es immer wieder zu erklären. Das ist unsere Verantwortung als Unternehmen: respektvoll und transparent unsere Interessen gegenüber der Politik zu vertreten.

Wir wollen unsere 20 Millionen Kunden aus dem Gastgewerbe weltweit erfolgreich machen, im Hinblick auf den digitalen Wettbewerb.

Maria Heider, Director Public Policy Europe bei METRO

Welche Neuerungen kommen auf den Handel zu?

Wir werden in den nächsten 5 Jahren eine Schwerpunktsetzung erleben auf Klimaschutz und Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft, Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele, den ökologischen Fußabdruck von Produktionen sowie auf globale Lieferketten und Handelsabkommen mit hohen Umwelt- und Sozialstandards. Dann wird sich entscheiden, ob Europa die globale Aufholjagd in Richtung digitale Wirtschaft meistert oder ob wir künftig im Internet und in globalen Lieferketten von wenigen großen, nicht europäischen Internetgiganten „regiert“ werden. Das ist wirklich sehr spannend und für uns und unsere Kunden von entscheidender Bedeutung.

Inwiefern, was bedeutet das für METRO als Großhändler?

Wir wollen unsere 20 Millionen Kunden aus dem Gastgewerbe weltweit erfolgreich machen, im Hinblick auf den digitalen Wettbewerb. Unsere Kunden aus dem Gastgewerbe, all die Millionen Kleinst- und Kleinunternehmen – sie sind zu über 50% noch nicht digitalisiert. Hier sehen wir nicht nur unseren Kundenauftrag, sondern auch einen politischen Auftrag: wir wollen das wirtschaftliche, digitalrechtliche und verbraucherrechtliche Umfeld im Interesse unserer Kunden mitgestalten. Wir wollen auch morgen in unseren Städten, Kleinstädten und Dörfern noch Kneipen, Restaurants und Familienhotels erleben. Sie sichern unsere kulturelle Vielfalt, ja, unser kulturelles Erbe.

Was ich mir wirklich wünsche, ist ein Parlament, das uns zuhört. Dass Abgeordnete über ihre regionalen Interessen hinaus europäisch denken und ihren Auftrag für einen guten Interessensausgleich ernst nehmen.

Maria Heider, Director Public Policy Europe bei METRO

Was darf der Handel vom Europäischen Parlament fordern, etwa in Bezug auf Gesetzgebung und Mitgestaltung der Europapolitik?

Es wird nicht einfacher werden. Wir haben ein so fragmentiertes Parlament als Ergebnis dieser Wahlen, dass ich mir wirklich große Sorgen mache, wie wir hier zu sachlich angemessenen und ausgewogenen Ergebnissen in Gesetzgebungsprozessen kommen wollen. Was ich mir wirklich wünsche, ist ein Parlament, das uns zuhört. Dass Abgeordnete über ihre regionalen Interessen hinaus europäisch denken und ihren Auftrag für einen guten Interessensausgleich ernst nehmen. Unterschiedliche Perspektiven und Meinungen sind völlig in Ordnung. Sie sind für eine Demokratie sogar überlebenswichtig. Aber was wir brauchen, ist der respektvolle Umgang miteinander auf Augenhöhe. Der sachliche Diskurs mit Argumenten. Überall in unseren Gesellschaften wünsche ich mir einen respektvolleren Umgang und eine Sprache miteinander. Aber das ist ein anderes Thema …

Im Gespräch mit Maria Heider, Director Public Policy Europe bei METRO

Über ... Maria Heider

Maria Heider kam 2015 zur METRO AG als Leiterin Europapolitik mit Verantwortung für unser Büro in Brüssel. Kürzlich hat sie auch die Verantwortung für unser Büro in Berlin und für unsere Deutschlandpolitik übernommen. Maria blickt auf langjährige Erfahrung im Bundesministerium der Finanzen, Deutscher Bundestag und Europäische Kommission zurück. Zur Website METRO_Politics

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