Wie gut kochen Geister?

Ghost Kitchens halten Einzug in die Gastroszene: Online-Restaurants ohne Gastraum, die ausschließlich Gerichte kochen, um sie per Lieferservice an Kunden zuzustellen. Ist es das Gastronomie-Konzept der Zukunft?

Geisterrestaurants - sie funktionieren ohne Tische, Stühle oder Gäste. Das Essen wird zur Lieferung zubereitet

Um mit dem Konzept der Ghost Kitchen langfristig Erfolg zu haben, bedarf es einer intensiven Auseinandersetzung mit den Kunden. Davon ist Marcus Berg, Gründer des Hamburger Start-Ups „Stadtsalat“, fest überzeugt. Die Extrawünsche seiner Kunden werden daher vermerkt, ihre Vorlieben gespeichert. Außerdem hat er entschieden, sein Geschäft komplett ohne externe Lieferdienste aufzubauen, auch wenn dies zunächst aufwendiger erscheint. Denn für Berg bedeutet dies, dass er die Hoheit über die Daten seiner Kunden behält – das höchste Gut aller Ghost-Kitchen-Betreiber. Um auch ohne direkte Interaktion Nähe aufzubauen, liegt jeder Neukundenbestellung bei „Stadtsalat“ ein vom Chef persönlich unterschriebenes Kärtchen bei, die Verpackungen sind nachhaltig und farbenfroh – sie machen sich gut auf Instagram. Ein Hashtag, eine Markierung, schaffen so auch die digitale Nähe, die neue Kunden bringt und bestehende bindet.

Ein virtuelles Restaurant aus einem Berliner Hinterhof

Auch Max Kochen gehört mit „Beets & Roots“ in Berlin zur neuen Generation von Geister-Gastronomen. Er war einer der Pioniere, die das aus den USA stammende Konzept in Deutschland realisierten. Gemeinsam mit dem sterneküchenerfahrenen Andreas Tuffentsammer startete er von einem Kreuzberger Hinterhof aus sein virtuelles Restaurant – mit klarer Aufgabenteilung: Truffentsammer und sein Team kochten nach Bedarf, Kochen analysierte die Kundendaten, optimierte, variierte. Dabei stellt er schnell fest: „Eine starke Marke ist die größte Herausforderung wenn sie nur online existiert.“ Daher entschloss er sich nach vier Wochen, das Konzept anzupassen. Seinem Geschäftsmodell des Lieferservice ist er treu geblieben: „Wir machen nichts, was nicht lieferbar ist“, betont Kochen. „Und wir digitalisieren alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist.“ Darüber hinaus bietet er seinen Gästen nun aber auch einen klassischen Gastraum, ganz analog mit Sitzplätzen, Service – und mit Erfolg: 2018 konnten er und sein Team den Umsatz verdoppeln. Nun werden sie den europäischen Markt ins Visier nehmen.

Ghost Kitchen: Daten – das höchste Gut aller Geister-Gastronomen

Was ist das?

Geisterküchen funktionieren ohne echte Tische, Stühle, Gäste. Essen wird gekocht, um es auszuliefern. Ansonsten findet der Restaurantbesuch digital statt. Mithilfe der Kundendaten kann analysiert werden, in welcher Gegend welcher Lieferbedarf herrscht und wo es lohnt, neue Küchen zu eröffnen.

Vorteile:

Spart hohe Investitionskosten, vor allem am Anfang. Es ermöglicht, kulinarische Konzepte ohne Aufwand zu testen. Das Konzept ist leicht skalierbar, da digital. Produktionskapazität schlägt Sitzplatzkapazität.

Nachteile:

Eine ausschließlich digitale Marke zu erschaffen, die mit Genuss, Vertrauen und Qualitätsversprechen punkten soll, ist herausfordernd. Das Konzept funktioniert bislang nur in Großstädten.

Weitere Artikel