Weil es im Job egal sein sollte, wen wir lieben ♡

Nur, wenn ein Unternehmen nach innen lebt, was es nach außen kommuniziert, ist der Einsatz authentisch – das gilt gerade für Diversität und Chancengleichheit. Insbesondere die Förderung von Vielfalt in jeglicher Hinsicht erhielt in den vergangenen Jahren Aufmerksamkeit. Albert Kehrer, Gründer der PROUT AT WORK-Foundation, erklärt, warum die Beschäftigung mit LGBT*IQ lohnt – und wann Engagement über „Pinkwashing“ hinausgeht.

Weil es bei der Arbeit keine Rolle spielen sollte, wen wir lieben

Eigentlich eine klare Sache: Wenn sich gesellschaftliche Vielfalt auch in Unternehmen widerspiegelt und alle Menschen ihre Fähigkeiten und Talente voll entfalten können, kann ein offenes Umfeld entstehen. Das kommt wiederum allen zugute und bildet letztlich auch die Kundenvielfalt ab. Ganz so einfach ist es in der Umsetzung dann allerdings doch nicht immer. Die PROUT AT WORK-Foundation widmet sich mit Nachdruck dem Thema LGBT*IQ im Arbeitsumfeld. Das Ziel: die Chancengleichheit von Menschen jeglicher sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität, jedweden sexuellen Ausdrucks oder Merkmals. Wie können große und kleine Unternehmen zu einer verbesserten Chancengleichheit beitragen? Welche Hürden gibt es? Und warum sollten Fragen zur weiteren Sensibilisierung – trotz bereits erfolgter Fortschritte – nicht ignoriert werden? Darüber spricht Albert Kehrer, Co-Founder und CEO von PROUT AT WORK, im Interview mit MPULSE.


Albert, warum ist das Thema LGBT*IQ wichtig für Unternehmen?

Da gibt es gleich mehrere Aspekte. Zum einen die Arbeitgeberattraktivität: Offenheit gegenüber LGBT*IQ ist ein sehr wichtiger Gradmesser für eine offene Unternehmenskultur. Außerdem ist es wichtig, dass LGBT*IQ am Arbeitsplatz sie selbst sein können und somit keine Zeit aufwenden müssen, sich zu verstecken. Dies wirkt sich auch auf den Rest der Belegschaft aus. Denn die gelebte Vielfalt der LGBT*IQ Community führt dazu, dass alle sich sicher damit fühlen, sie selbst zu sein und sich so auch besser auf ihre Arbeit konzentrieren können. Vielfalt führt somit insgesamt zu mehr Kreativität und Innovation und sollte von allen Unternehmen gelebt werden.


Gefühlt gab es noch nie so viele Testimonials aus der LGBT*IQ-Community in den Kampagnen großer Konzerne. Ist das schon ein Fortschritt oder nur Marketing?

Reines Marketing ist es dann, wenn das Unternehmen nur sagt, wie großartig es ist, Produkte in Regenbogenfarben auf den Markt bringt und dabei aber nicht kommuniziert, was es für ihre Belegschaft tut und wie es sich sonst mit dem Thema befasst – das wird daher auch als ‚Pinkwashing‘ bezeichnet. Fortschritt ist es hingegen, wenn LGBT*IQ auf allen Ebenen des Unternehmens sichtbar sind und von Vorstand oder Geschäftsführung intern wie extern zu Themen wie LGBT*IQ und Diversity kommuniziert wird – hier gibt es glücklicherweise immer mehr Unternehmen, die das sehr konsequent umsetzen.

LGBT*IQ

Die Abkürzung LGBT steht für Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender (lesbisch, schwul, bisexuell, transgender). Ergänzt werden diese 4 Buchstaben häufig um I für intergeschlechtliche Personen sowie Q für queere Menschen. Ein „+“ oder Sternchen soll als Platzhalter weitere Geschlechtsidentitäten inkludieren. Der Sammelbegriff soll damit alle Orientierungen und Identitäten einschließen und wird insbesondere im Kampf gegen Diskriminierung eingesetzt.

Wie genau können Unternehmen denn für das Thema sensibilisieren? Gibt es Best Practices?

Es gibt viele Möglichkeiten, wie Unternehmen hier bereits handeln oder noch vorgehen können. Zum einen porträtieren sie geoutete Führungskräfte und engagierte Mitarbeiter*innen aus dem LGBT*IQ Netzwerk. Interne und externe Statements können zum Beispiel an Tagen wie dem IDAHOBIT oder dem International Coming Out Day geteilt werden. Außerdem werden Awareness-Sessions angeboten, damit die Belegschaft Themen rund um LGBT*IQ-Diversity verstehen lernt. Interne LBGT*IQ Netzwerke schaffen außerdem zusätzlich Sichtbarkeit und sind Ansprechstation für die Thematik. Wichtig ist auch, dass Allies im Top-Management in der internen Kommunikation, schriftlich wie mündlich, gegen Homo-, Bi- und Trans*phobie Stellung beziehen.


Unterschiedliche Länder, unterschiedliche Rechtslagen. Wie gehen internationale Konzerne mit der Vielfalt an kulturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen um? Schließlich bedeutet Haltung ja eigentlich, zur eigenen Positionierung zu stehen – egal, in welchem Land. Deine Empfehlung?

Zum einen sollte es ein globales ‚Diversity Statement‘ geben, in dem auch sexuelle Orientierung, geschlechtliche Identität, geschlechtliche Merkmale und geschlechtlicher Ausdruck erwähnt sind. Die Werte hinter solchen Statements müssen global gelten. Selbstverständlich ist die Rechtslage nicht überall so wie in Deutschland. Trotzdem sollte ein Unternehmen zumindest in den eigenen Unternehmensräumen weltweit einen Schutzraum für LGBT*IQ am Arbeitsplatz bieten und dies kommunizieren. Insgesamt müssen auch die verschiedenen Rechtslagen Teil der Diversity-Kommunikation sein. Es gibt sogar Organisationen, die sich in bestimmten Ländern öffentlich zur rechtlichen Situation und zur eigenen Meinung bekennen und versuchen, die Politik zu beeinflussen, damit ihre globalen Unternehmenswerte auch wirklich global gelebt werden können.


Vielfalt führt zu mehr Kreativität und Innovation und sollte von allen Unternehmen gelebt werden.

Albert Kehrer, CEO von PROUT AT WORK

Hast du ein Ziel vor Augen, wenn du an die Zukunft denkst? Wann wäre deine Arbeit überflüssig?

Zum einen bin ich Realist und merke, dass es nicht nur außerhalb von Deutschland, sondern auch in Deutschland zunehmend Gegenbewegungen gegen LGBT*IQ und Diversity-Bestrebungen gibt. Mein Wunsch wäre es, dass alle Individuen eine Haltung einnehmen können, in der sie andere so sein lassen, wie sie sind. Wenn wir Menschen nur aufgrund ihrer fachlichen und sozialen Kompetenz bewerten würden und nicht danach, wie sie aussehen oder wen sie lieben, wäre uns allen sehr viel geholfen.


Alber Kehrer Prout at Work

Über: Albert Kehrer & PROUT AT WORK

PROUT AT WORK ist „Denkfabrik, Beraterin und Gestalterin“ in Deutschland zu LGBT*IQ-Themen im Arbeitsumfeld. Ziel des in München ansässigen Netzwerks ist die Chancengleichheit von Menschen jeglicher sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität und jedweden sexuellen Ausdrucks sowie Merkmals. Als Vorstandsmitglied von PROUT AT WORK arbeitet Albert Kehrer daran, LGBT*IQ eine Stimme in der Wirtschaft zu geben.

Seit Sommer 2017 ist METRO Mitglied des PROUT AT WORK-Netzwerks. Als PROUT EMPLOYER will METRO ein offenes Arbeitsumfeld für Menschen jeder sexuellen Orientierung und geschlechtlicher Identität, aller Eigenschaften und Merkmale schaffen. Das 2014 gegründete Mitarbeiternetzwerk METRO Pride soll darüber hinaus als internes Netzwerk für mehr Offenheit, Austausch und Sichtbarkeit sorgen. Zusätzlich machen Initiativen wie die Diversity & Inclusion Days die Dimensionen von Diversität erlebbar.

Mit den PROUT PERFORMER-Listen macht die PROUT AT WORK Stiftung Vorbilder sichtbar, die einen wesentlichen Beitrag für mehr Chancengleichheit von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, intergeschlechtlichen und queeren Personen in der Arbeitswelt leisten. Die ausgezeichneten PROUT PERFORMER zeigen, dass eine erfolgreiche Karriere im Unternehmen unabhängig von der sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität oder dem geschlechtlichen Ausdruck möglich ist. Auch im Jahr 2021 stehen mehrere METRO Mitarbeitende auf den Listen: Nikita Baranov, Executive Assistant to CHRO METRO AG, belegt Platz 2 bei den PROUTVoices. Dirk Haushalter, Office & Property Development Management METRO DIGITAL, schafft es ebenfalls auf die Liste. Unter den PROUTExecutiveAllies steht Andrea Euenheim, CHRO und Arbeitsdirektorin der METRO AG, auf Platz 1. Auch Veronika Pountcheva, Head of Global Diversity & Inclusion METRO AG, und Laura Halfas, Global Director Corporate Responsibility METRO AG, werden als Unterstützerinnen geführt.

Mehr zu Vielfalt und Integration bei METRO.

Das Thema Vielfalt und Inklusion ist außerdem eines von 8 strategischen Fokusthemen der METRO Nachhaltigkeitsstrategie. Mehr dazu im Corporate Responsibility Report 2019/20.

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