Raue Schale, weiches Fleisch: So gelingt der Genuss
Die Auster steht wie kaum ein anderes Produkt für die gehobene Küche. Um sie zu öffnen, braucht es ein wenig Geschick und das richtige Handwerkszeug.
Die Auster steht wie kaum ein anderes Produkt für die gehobene Küche. Um sie zu öffnen, braucht es ein wenig Geschick und das richtige Handwerkszeug.
Manche tragen beim Öffnen einen Stahlhandschuh, um sich nicht zu verletzen. „Man kann die Auster aber auch auf einer stabilen Unterlage mit einer Hand in ein Tuch drücken. Das reicht, damit sie nicht wegrutscht. Mit ein bisschen Übung ist sie so sicher zu handhaben“, erläutert Philipp Lange, Chefkoch des Sterne-Restaurants Agata’s in Düsseldorf.
Der bauchige Teil der Auster zeigt beim Öffnen nach unten, der spitz zulaufende mit dem Scharnier in Richtung Körper. Genau dort wird das Austernmesser, das couteau à huîtres, angesetzt. Mit etwas Kraftaufwand schiebt man das breite, spitze Messer zwischen die Schalen. Am Scharnier der Auster angesetzt, lässt sich der Deckel durch eine Drehbewegung des Messers spreizen. Mit einem leisen Knacken gleitet das Messer unter den Deckel. Führt man es dort entlang, wird der obere Schließmuskel durchtrennt, der sich im mittleren Teil der Auster befindet. Achtung: Hierbei das Fleisch nicht verletzen. Wer mag, kann nach dem Öffnen auch noch den unteren Muskel durchtrennen. Dann lassen die Austern sich besser schlürfen.
Ob sie roh verzehrt werden oder auf eine andere Art zubereitet, ist letztlich Geschmackssache. Philipp Lange grillt die Auster in ihrer Schale. In seiner Beschreibung klingt das Ganze fast wie ein Gedicht: „Auster, in der Schale gegrillt, mit Sake-Kasu-Creme überzogen, angemacht mit gepufftem Wildreis, abgeschmeckt mit Reisessig, dazu eine Blumenkohl-Creme, Blumenkohlröschen, scharf angebraten, mit Nira-Lauch angemacht – und Schmorgurke süß-sauer mit ein wenig Apfelschaum.“
Auster ist übrigens nicht gleich Auster: Es gibt mehr als 50 verschiedene Austern-Arten. 88 % des europäischen Verzehrs stammen aus Frankreich. Die Standardqualität bilden Normale creuses und Fines de claire. Spéciales de claire gelten unter Gourmets als besonders köstlich. Huîtres sauvages sind große Austern, die sich eher zum Kochen eigenen. Marennes-Oléron von der französischen Atlantikküche gelten als überdurchschnittlich gut. Die Stars unter den Austern sind Gillardeau, Belon und Pied de cheval. Die Größe der französischen Auster wird in die Kategorien 0 bis 5 eingeteilt, wobei 5 die kleinste und 0 die größte ist. Das Format 000 bezeichnet eine 150 Gramm schwere Auster. Die am häufigsten verkaufte Austerngröße ist „numéro 3“, denn dieses Maß empfinden die meisten Menschen am angenehmsten.
Weißwein oder Champagner zur Auster
Ein frischer, trockener Weißwein passt am besten zur Auster – und bitte nicht zu fruchtig, sonst wirkt sie im Geschmack bitter. Ein trockener Champagner ist natürlich der Klassiker.
Austernmesser
Wer Austern öffnet, sollte ein Austernmesser nutzen. Es ist sehr stabil und seine Klinge vergleichsweise stumpf. Andere Messer bergen eine höhere Verletzungsgefahr.
Stichschutzhandschuh/Schneidehandschuh
Wer beim Öffnen von Austern ungeübt ist, kann die Hand, mit der er die Muschel festhält, mit einem Stechschutzhandschuh aus Edelstahl-Maschen schützen.
Austernteller
Ein Austernteller aus Porzellan ist eine der vielen Möglichkeiten, die edlen Muscheln auch optisch stilecht zu servieren.
Crushed Ice
Wer Austern klassisch serviert, also roh, hat mit glitzerndem Crushed Ice eine optisch ansprechende Möglichkeit, sie frisch und appetitlich zu halten.
Zitruspressen
Austern mit etwas Zitronensaft oder lieber pur genießen? Die Frage spaltet die Freunde der rohen Delikatesse. Eine Zitruspresse hilft beim sparsamen Träufeln.
Der Weg zum vollen Austerngenuss beginnt jedoch schon lange vor der Küche. Frische Austern werden nur lebend verkauft. Beim Kauf sollten sie leicht nach Seewasser riechen. Achtung: Riechen sie stark fischig oder nach Ammoniak, sind sie bereits verdorben. Auch zu trocken wirkende Austern lieber aussortieren. Ebenfalls wichtig ist, dass die Schale fest verschlossen ist. Ein Trick ist es, bei leicht geöffneten Schalen sacht auf den Rand der Schale zu klopfen. Lebendige Austern zucken und schließen sich danach. Dunkles Fleisch im Innern ist im Übrigen meistens ein Anzeichen dafür, dass sie nicht mehr frisch sind.
Frische Austern können sehr schnell verderben, daher sollte man Lagerung, Dauer und Temperatur gut im Blick behalten. Bei guter Lagerung sind frisch gekaufte Austern zwischen 3 und 10 Tage nach der Ernte genießbar. Im Idealfall verzehrt man sie bereits am Tag des Kaufs. Austern stets bei niedrigen Temperaturen lagern, wobei eine 4-prozentige Salzlake zusätzlich hilft, sie frisch zu halten. Tiefgefrorene Austern halten bei -20 Grad bis zu 1 Jahr. Achtung: Sie sind nicht für den rohen Verzehr geeignet, sondern landen in Eintöpfen oder Suppen.