Regionale Garnelen aus den Tiroler Alpen? Das geht – und wie

Fangfrische Garnelen. Binnen 20 Stunden, nachdem sie das Wasser verlassen haben, geliefert. Nicht tiefgefroren. Aus Österreich. In Sashimiqualität. Was klingt wie utopische Zukunftsmusik, ist tatsächlich Realität – dank Daniel Flock und Markus Schreiner.

Fangfrische Garnelen

Was die Arbeitszeiten angeht, sind Garnelenzuchten pflegeleichter als Rinder- oder Schweinebetriebe. Garnelen müssen nicht um 5 Uhr früh gefüttert, gemolken und geputzt werden. „Wir können auch um 8 Uhr anfangen“, sagt Daniel Flock lachend. „Das Füttern übernehmen Automaten – wir müssen nur schauen, dass sie funktionieren.“ Sein Tag beginnt morgens mit einem Kontrollgang: Laufen alle Pumpen, wird Futter in der richtigen Menge abgegeben. Anschließend wird bei einer Tasse Kaffee der Tag geplant. „Wir schauen, welche Arbeiten anstehen und welche Bestellungen abgefischt, verpackt und verschickt werden müssen.“ Die Wachstumszeit einer Garnele beträgt 5 bis 6 Monate – erst dann kann sie „geerntet“ werden. Flock und sein Geschäftspartner Markus Schreiner haben mittlerweile ein System, das eine kontinuierliche Ernte ermöglicht – so können sie ihre Kunden aus Gastronomie, Handel und Privathaushalten ganzjährig beliefern.

Eigentlich wollte Flock eine Gastwirtschaft eröffnen und seinen Gästen regionale Spezialitäten servieren – dann sah er eine Dokumentation über die Garnelenproduktion und dachte sich: Das muss doch auch ohne Chemie und Antibiotika gehen! Gemeinsam mit Schreiner entschied er sich deshalb, nicht Gastronom, sondern Gastronomielieferant zu werden. Und zwar mit den gesündesten und frischesten Garnelen, die ein Koch sich nur vorstellen kann – aufgewachsen in den österreichischen Alpen in bestem Bergquellwasser versetzt mit Meersalz. „Wir haben erstmal klein angefangen, haben ausprobiert, geforscht, uns mit Spezialisten für den Bau von Aquafarmen vernetzt. Unser eigener beruflicher Hintergrund als Konstrukteure hat uns natürlich sehr geholfen.“

Über die Alpengarnele

Die Alpengarnele ist ursprünglich eine White Leg Shrimp – auch White Tiger Garnele genannt. Diese Garnelenart – die Kaiserin unter den Unterwasserinsekten – eignet sich besonders gut für die Aufzucht in Aquafarmen. Sie schmeckt knackig, nussig und ein wenig süß. Mehr Informationen: alpengarnelen.at

Höchste Ansprüche an das Wohl der Tiere

Die Alpengarnelenfarm verfügt über ein ausgeklügeltes System zur Abwasseraufbereitung, sodass Frischwasser nur aufgrund von Verdunstung minimal zugeführt werden muss. „Wir geben dem Wasser Zeit, sich selbst zu regenerieren“, erklärt Flock. Er und Schreiner stellen nicht nur höchste Ansprüche an das Wohl und die Gesundheit ihrer Tiere, sondern auch an die Umweltaspekte ihrer Farm. Die Aufzuchtbecken mit 28 bis 30°C warmem Wasser, dessen Beschaffenheit täglich im hauseigenen Labor überprüft wird, befinden sich in einem isolierten Gebäude verteilt auf 2 Stockwerke. Der Schlamm, der durch die Ausscheidungen der Garnelen entsteht, wird abgeleitet und könnte in Biogasanlagen genutzt werden – das ist aber noch Zukunftsmusik.

Bisher haben Flock und Schreiner die Garnelenlarven für die Produktion von Züchtern bezogen – sie arbeiten aber mit Hochdruck an einer eigenen Zucht und haben sich Unterstützung von einer Biologin geholt. „Wir hatten auch schon die ersten Erfolge“, erzählt Flock. „Jetzt müssen wir das konstant in den Produktionsprozess hineinbekommen. Wir wollen ja nicht schlechter, sondern besser werden, was die Qualität der Tiere angeht. Deshalb müssen wir sehr sauber und genau arbeiten.“

Alpengarnele

Den Unterschied kann man schmecken

Am Anfang, das war 2015, produzierten die frisch gebackenen Garnelenfarmer kleine Mengen. Sie kontaktierten eine Handvoll regionaler Restaurants und ließen sie probieren. Ebenso Händler. Alle Tester waren sich einig: Sie wollten mehr! Denn die Alpengarnelen hatten bewiesen: Die Gesundheit eines Tieres – auch wenn es klein ist – kann man schmecken. Und sehen auch: Die Alpengarnelen haben körperlange Fühler und einen ziemlich harten Panzer – beides untrügliche Zeichen für genug Platz im Wassertank und hervorragende Wasser- und Futterqualität.

„Unsere Garnelen kann man roh essen. Wenn man sie brät, behalten sie Form und Größe. Sie sind ein Naturprodukt mit Eigengeschmack, weil sie nicht vollgepumpt sind mit Chemikalien“, sagt Flock stolz. Getötet werden die Tiere durch schnelles Eintauchen in Eiswasser. „Dieser Kälteschock von 28 auf unter 0°C ist die schonendste Methode und die Kühlkette ist sofort gegeben“, so Flock. Denn wie bei Rindern oder Schweinen kann man auch bei Garnelen Stress schmecken. Die Alpengarnelen werden schonend behandelt. Auch aufs Futter achten Flock und Schreiner; Soja beispielsweise ist tabu.

Mittlerweile ist die Alpenaquafarm Tirol GmbH von Flock und Schreiner bei einer Produktionsmenge von rund 1 Tonne im Monat. Von zu schnellem Wachstum halten die Gründer nichts – sowohl, was ihre Garnelen, als auch, was ihr Geschäft angeht. „Wir wollten nicht gleich am Anfang Millionen investieren, ohne das Produkt zu kennen“, sagt Flock. „Wir wachsen beständig, aber in einem gesunden Tempo.“ Die Alpengarnelen vertreiben sie über den eigenen Onlineshop, über ausgewählte Feinkostläden, direkt an die Gastronomie und über METRO Österreich. „Da sind Lukas aus dem Markt in Rum und Christian vom Einkauf auf uns zugekommen und haben eine Zusammenarbeit vorgeschlagen.“ Mittlerweile findet man die Alpengarnelen aus Hall in 5 österreichischen METRO Großmärkten. „Vielleicht werden es nochmal mehr, aber wir machen das ganz langsam.“

Dezentrale Produktion nah am Konsumenten

Energieeffiziente Anlagen, gesunde Tiere, kein Einsatz von Antibiotika, Schutz der Meere – die Geschichte der Alpengarnele klingt wie ein Nachhaltigkeitsmärchen. Aber kann ein Produkt, das so offensichtlich nicht in die Alpen gehört, jemals wirklich nachhaltig sein? „Wenn man in einen Laden schaut“, sagt Daniel Flock, „findet man dort sehr viele Produkte, die wir heute als heimisch ansehen, die es aber irgendwann noch nicht waren. Der technologische Fortschritt eröffnet uns ganz neue Perspektiven, wenn es darum geht, ein Lebensmittel an einem beliebigen Ort heimisch zu machen, das ursprünglich woanders herkommt – wie die Garnele. Vor allem ohne Überfischung und ohne Antibiotika sowie menschen- und tierunwürdige Lebensbedingungen.“ Flock glaubt daran, dass in Zukunft immer mehr Lebensmittel so produziert werden können: dezentral, nah am Konsumenten. Dass es heute schon möglich ist, zeigen seine Alpengarnelen.

Großhandel und Regionalität

  • sind kein Widerspruch, sie ergänzen sich und garantieren Kunden so die beste Qualität.
  • Transparenz über die Herkunft der verarbeiteten Produkte stärkt das Vertrauensverhältnis zwischen Gästen und Gastronom – sind die Produkte regional und ökologisch, fällt diese Transparenz leichter.
  • Kurze Lieferwege vom Produzenten auf den Teller kann man schmecken. Gäste sind eher bereit, angemessene Preise für diese Qualität zu bezahlen, wenn sie die Geschichte eines Produkts kennen – deshalb empfiehlt es sich, aktiv zu Gesundheits- und ökologischen Aspekten zu kommunizieren.

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