MPULSE: Max, du betreibst ein Sternerestaurant, kochst dort selbst, trittst in TV-Shows auf. Wieso jetzt noch ein Buch?
Max Strohe: Da muss ich ausholen. Zum einen wollte ich immer Rockstar sein. Die Kochausbildung kam ja nur, weil mich meine Mutter mit 15 vor die Wahl gestellt hat: die – oder Internat. Aber in dem Internat hat es so komisch gerochen, da hab‘ ich lieber die Kochausbildung gemacht. (Schmunzelt.) So richtig identifiziert habe ich mich damit nie. Wenn mich jemand gefragt hat, was ich beruflich mache, habe ich immer eher rumgedruckst. Autor passt da schon besser. Zum anderen haben mir immer wieder Leute gesagt: Max, wenn du so schreibst, wie du erzählst, wenn du einen im Tee hast – dann solltest du ein Buch schreiben.
Dein Buch ist konsequenterweise kein Kochbuch, sondern erzählt von deinen ersten Jahren in der Gastronomie.
Ich glaube, deshalb waren auch manche Leser enttäuscht. Weil deren Erwartungshaltung eine andere war. Zumindest von den Leuten, die mich nur aus dem Fernsehen kennen. Da gab es tatsächlich Reklamationen, weil keine Bilder und keine Rezepte im Buch sind.
Was macht solche Kritik mit dir?
Der große Unterschied im Vergleich zum Kochen ist: Im Restaurant kriegst du direktes Feedback – wenn du möchtest –, und kannst nachjustieren. Wenn zehn von 30 Gästen sagen, die Soße ist zu salzig, dann probierst du und nimmst Salz raus. Im Buch kannst du nichts mehr ändern. Das ist endgültig. Und das Buch ist sehr persönlich. Wenn darüber ein Leser sagt: ‚Das ist ja ekelhaft, wie der über Sex redet‘, dann trifft mich das mehr, als wenn jemand sagt: ‚Du hast die Suppe versalzen.‘
Anstelle von Rezepten schreibst du über deine – durchaus exzessiven – Lehrjahre und wie es dich vom Rheinland, mit Stationen im Altenheim und auf Kreta, letztlich zur gehobenen Gastronomie nach Berlin verschlagen hat. Was empfindest du beim Schreiben, im Vergleich zum Kochen?
Schreiben ist ein Stück weit therapeutisch. Man verarbeitet auch Eindrücke, ähnlich wie beim Kochen. Das Buch ist für mich aber eine Verarbeitung der Vergangenheit. Kochen ist in die Zukunft gerichtet. Beides ist ein Kommunikationsmittel für mich. Beides passiert bei mir sehr intuitiv und ist sehr emotional.
Inwiefern?
Ich habe so geschrieben, wie ich koche: aus dem Bauch heraus, der Laune nach. Mit viel Liebe, aber auch mal mit Wut, Frustration. So wie man den Alltag mit in die Küche bringt. Ich weiß zum Beispiel mittlerweile, dass ich keine gute Soße kochen kann, wenn ich gestresst bin. Das Ding braucht Zeit, und wenn ich genervt bin, lege ich da nicht die nötige Liebe rein. Die Küche, die wir hier anbieten, hat viel mit Intuition und Emotion zu tun. Eine gute Soße braucht Liebe und Zeit. Man setzt die an, rührt gemächlich um... auch schon mal ein paar Tage. So ähnlich war es mit dem Schreiben. Ich hatte Ergüsse mit 40.000, 50.000 Zeichen auf einmal. Aber sobald der Abgabetermin stand, war da plötzlich Druck. Das nimmt den Spaß raus.
Ist das im Restaurant auch so?
Ja, anfangs haben wir gedacht, wir müssten alle drei Monate das Menü komplett auswechseln. Dann hast du Druck und Stress, weil du morgen das Menü ändern willst – aber noch 25 Hummer da liegen. Deswegen machen wir das nicht mehr. Wir geben unser eigenes Tempo vor. Wir wechseln die Gänge, aber nie das ganze Menü.