Welchen Stellenwert nehmen alternative Proteine für unsere zukünftige Ernährung ein?
Prof. Dr. Christoph Klotter: Alternative Proteine tragen dazu bei, dass unsere Ernährungsweisen vielfältiger werden. Diese werden noch stärker mit dem eigenen Lebensstil und der eigenen Identität verbunden sein. Welche Lebensmittel ich wähle, hat immer eine kulturelle und soziale Bedeutung. Das heißt, dass Menschen Identität gewinnen und soziale Zugehörigkeiten schaffen, indem sie beispielsweise vegan leben, afrikanische Gerichte kochen oder im Sommer am Grill stehen. Unser Fleischkonsum wird dabei zurückgehen und Ersatzprodukte werden sich stärker etablieren. Aber Fleisch wird sicherlich nicht ersatzlos verschwinden. Denn es steht in der Menschheitsgeschichte für Wohlstand, Überleben, Macht und Männlichkeit – es ist eine Form der gesellschaftlichen Teilhabe.
Christian Zacherl: Pflanzen werden einen großen Anteil der zukünftigen Proteinquellen darstellen. Ersatzprodukte werden besonders in den Bereichen wichtiger, in denen sie bereits heute gut akzeptiert sind – zum Beispiel als Hackfleisch, Wurstersatz oder Drink. Da merkt man kaum noch Unterschiede zum tierischen Pendant. Auch im Vergleich zu anderen alternativen Proteinen wie fermentierten Produkten oder In-Vitro-Fleisch werden Pflanzen meiner Meinung nach in Zukunft den größten Anteil behalten. Denn sie sind als Proteinquelle sehr effizient, bieten schon jetzt eine große Auswahl und gute Qualität, sind von den Verbrauchern weitestgehend akzeptiert und rentieren sich wirtschaftlich.
Karen Tay: Alternative Proteine können ein Teil der Lösung für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem sein, weil sie sehr ressourceneffizient herzustellen sind. Die Entwicklung wird aber darüber hinaus gehen, reine Ersatzprodukte zu schaffen – also das zu imitieren, was man derzeit konsumiert. Es wird vollkommen neue Produkte geben. Den Köchen als kulinarische Experten kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Sie kreieren aus den Produkten Genusserlebnisse und überraschende Lebensmittel, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.