„Daten helfen der Gastronomie zu überleben“

Was haben Speisekarten, Tischreservierungen und analytische Technologien miteinander zu tun? Ziemlich viel. Volker Glaeser, CEO von Hospitality Digital, und Andreas Hannemann, Managing Partner der Datalogue Gruppe, über Potenziale in der HoReCa-Branche.

Daten Gastronomie

Daten und Gastronomie – das klingt zunächst nicht gerade nach Topf und Deckel. Wie passen diese beiden Themen zusammen?

Volker: Daten und Gastronomie passen nicht nur, sie gehören mittlerweile zusammen. Gerade in Pandemiezeiten hat sich gezeigt: Daten helfen der Gastronomie zu überleben. Kunden finden Restaurants im Netz, bestellen online. Hospitality Digital will die Digitalisierung der Gastronomie voranzutreiben. Wir bieten mit DISH Order beispielsweise ein Produkt an, das es Restaurants ermöglicht, über die Google-Suche und via Google Maps gefunden zu werden. Kunden gelangen auf die Website des Restaurants und bestellen, direkt und ohne Umwege. Der Restaurateur wiederum kann sich einen Überblick verschaffen, woher die Kunden kommen und ob er die Daten, die er zur Verfügung stellt, noch optimieren kann – um so letztlich sein Geschäft zu verbessern.

Über welche Arten von Daten sprechen wir konkret?

Volker: Wir nutzen Daten aus unterschiedlichen Quellen, die zur Nutzung freigegeben sind. Das sind METRO eigene Daten, zum Beispiel über die Märkte und das Kundenkaufverhalten, Daten aus digitalen Tools, aber auch externe Daten, die wir zukaufen. Wir werten zum Beispiel digitale Speisekarten aus und sammeln so weitere Informationen, die für uns und unsere Kunden wichtig sind.

Wofür sind diese Informationen relevant?

Volker: Nicht umsonst heißt es: „Daten sind das neue Gold.“ Daten liefern uns wichtige Einblicke – um unsere Kunden noch besser zu verstehen, für maßgeschneiderte Angebote, die zum Kaufverhalten unserer Kunden passen und um digitale Tools zu entwickeln, die Gastronomen helfen. Für unsere Kunden sind Daten auch wichtig, sie müssen sich digitalisieren und wir bieten hier Unterstützung. Mithilfe unserer Daten können selbstständige Unternehmer beispielsweise verstehen, was Restaurants in ihrem direkten Umfeld anbieten und können darauf basierend überlegen, wie sie ihr Angebot noch weiter ausdifferenzieren können.

Dr. Volker Glaeser, CEO Hospitality Digita

Über … Volker Glaeser

Dr. Volker Glaeser ist CEO von Hospitality Digital. Die METRO Tech-Unit entwickelt innovative, digitale Lösungen für Gastronomie, Hotellerie und Handel. Bevor Glaeser zu METRO kam, war der promovierte Ökonom unter anderem als eCommerce Director und Company Officer bei Vodafone und als Digital Platforms Director bei der E-Plus-Gruppe tätig. Zudem leitete Glaeser als Mitgründer eine auf die digitale Transformation spezialisierte Beratung für Technologie, Medien und Telekommunikation.

Wie muss man sich den Auswertungsprozess vorstellen: Sitzt da ein Data Analyst oder vielleicht sogar ein Team von Menschen, oder passiert das alles per Algorithmus?

Andreas: Damit wir das „Gold“ in den Datenmengen finden, brauchen wir Technologien, die uns unterstützen, und Menschen, die diese Daten auswerten. Sozusagen unsere Goldschürfer. Die vielen unterschiedlichen Datenquellen bedeuten eine große Datenmenge, die wir mit Hilfe von analytischen Technologien auswerten. Dafür braucht es Analytiker, die das Geschäft unserer Kunden kennen. Sie versetzen sich in unsere Kunden hinein, stellen sich die Frage, was für Aussagen bzw. Auswertungen der Kunde braucht – und entwickeln so Algorithmen, die die vorhandenen Daten dahingehend auswerten.

Wie viele Speisekarten – oder andere Datenquellen – werden als „Futter“ benötigt, um Informationen ableiten zu können?

Andreas: Das ist eine Frage, mit der wir uns täglich beschäftigen. Eine gute Leitlinie dazu gibt der Datenschutz bereits vor: „Nur so viele Daten wie nötig.“ Datensparsamkeit ist das Stichwort. Jeder Datenanalyst möchte natürlich möglichst große Datenmengen als Basis haben, um viele Ansätze zu erarbeiten und prüfen zu können – so haben wir beispielsweise schon mehr als 60.000 Speisekarten ausgewertet. Hier helfen uns neueste Technologien, um schnell und sicher ermitteln zu können, wann die Ergebnisqualität stabil einen Mehrwert für unser Kunden ermöglicht.

Andreas Hannemann, Managing Partner of the Datalogue Group

Über … Andreas Hannemann

Andreas Hannemann ist Managing Partner der Datalogue Gruppe. Hannemann studierte Betriebswirtschaftslehre und arbeitete in verschiedenen Feldern rund um Technologie und Marketing, unter anderem im Finanz- und Mobilfunkbereich sowie mehr als 10 Jahre als Geschäftsführer bei verschiedenen Werbeagenturen. 2012 gründete er gemeinsam mit Peter-Joachim Fiegel Datalogue. Das Unternehmen setzt auf Daten und Technologie in Kombination mit Menschen als Navigator für die Wertschöpfung auf Kundenseite.

In den USA erfolgen Umfragen zufolge schon 88 % der Tischreservierungen in Restaurants online. Europa hinkt da noch stark hinterher, hier sind es je nach Land gerade mal zwischen 30 bis knapp über 50 %. Woran liegt das?

Volker: In der Tat, Europa hinkt in puncto Digitalisierung in einigen Branchen hinterher. Aber dadurch haben wir auch ein großes Potenzial, gerade in der HoReCa-Branche. Und durch die Lockdowns haben wir schnell gelernt. Nach dem ersten Lockdown 2020 verzeichneten wir einen sprunghaften Anstieg bei der Nutzung des Reservierungstools. Das hat mehrere Gründe: die bessere und optimierte Tischauslastung, die durch ein digitales Tool möglich ist, und auch die einfachere Planung für eine Zweitbelegung. Durch die Eingabe ihrer Daten konnten Gäste das Thema Gästeregistrierung im Restaurant direkt mit erledigen.

Andreas: Der Digitalisierungstrend ist aktuell deutlich beschleunigt. Komfort durch Reservierungstools, digitale Bestellmöglichkeiten und bestmögliche Auslastung und Verfügbarkeitsinformationen werden direkt erlebt und positiv wahrgenommen. Die HoReCa-Branche wird sicher noch deutlich weitergehende Services entwickeln, die das Zusammenspiel von Gastronomie und Besucher individueller gestalten. Ziele sind die Zufriedenheit des Besuchers und die Verbesserung der wirtschaftlichen Ergebnisse des Gastronomen. Wenn die Daten nicht genutzt werden, gibt es für den Besucher auch keinen Anlass, die eigenen Daten mit hoher Qualität zur Verfügung zu stellen.

Ziele sind die Zufriedenheit des Besuchers und die Verbesserung der wirtschaftlichen Ergebnisse des Gastronomen.

Andreas Hannemann, Managing Partner Datalogue Gruppe

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Gibt es weitere Unterschiede im internationalen Vergleich?

Andreas: Wir sehen Unterschiede in der Verfügbarkeit von Daten und deren Anwendung. Die Nutzung ist in den osteuropäischen Märkten sehr hoch und ermöglicht die schnelle Anpassung bei Veränderungen. In den westeuropäischen Märkten haben wir bereits eine große Datenbasis, um Marktchancen zu erkennen. Akzeptanz und Nutzung steigen schnell an.

Volker: Das kann ich nur bestätigen: In Rumänien, Polen und Ungarn sehen wir, dass die Nutzung der digitalen Tools stark ansteigt – auch getrieben durch intensive Smartphone-Nutzung.

Welche strategische Bedeutung hat das Thema für euch?

Volker: Das Geschäftsmodell der Hospitality Digital basiert auf Daten. Wir bieten digitale Produkte an, entwickeln diese weiter und haben auf der anderen Seite hochqualifizierte Daten, die wir als Grundlage für Berechnungen auf spezifische Kundenanfragen zuschneiden können. Außerdem haben wir eine sehr tiefe Branchenkenntnis und sind im steten Austausch mit unseren Hauptzielgruppen. Die Digitalisierung unserer Kernkundengruppe hat also eine sehr strategische Bedeutung. Die Zusammenarbeit mit Datalogue in Form eines Joint Ventures hilft uns, sehr zügig bereits vorhandene Infrastruktur zu nutzen. Dadurch können wir direkt starten, ohne Zeit bei der Implementierung eigener Lösungen zu verlieren.

Andreas: Für Datalogue gilt ebenfalls, dass unser Business Modell komplett auf Daten und unserer Überzeugung aufbaut, dass die Digitalisierung sehr viele neue Chancen bietet, unseren Kunden wirtschaftliche Mehrwerte zu bieten. Wir sind davon überzeugt, dass neben der Technologie zum Management großer Datenmengen und deren Analyse weiterhin detailliertes Business-Verständnis und menschliches Verständnis und Wissen benötigt werden. Nur weil die Technologie beispielsweise 47 Zielgruppen errechnet, bedeutet das nicht, dass dieses statistische Ergebnis auch im Business sinnvoll und wirtschaftlich umsetzbar ist. Genau dieser Fokus auf die wesentlichen Bedürfnisse und den realen Erfolg beim Kunden ist ein Faktor der Zusammenarbeit mit dem Team von Hospitality Digital.

Hospitality Digital und Datalogue haben im April 2021 die DeepIdeas GmbH gegründet. Ziel des Joint Ventures ist es, qualitativ hochwertige Marktdaten für METRO bereitzustellen. DeepIdeas schafft durch intelligente Kombination eine einzigartige Informationsbasis und ermöglicht dem Unternehmen einen ganzheitlichen Blick auf den Hospitality-Markt.

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